»Oma wollte nicht hingehen«, sagte er niedergeschlagen.»Und hat mir keine Karte gekauft. Klingt aber toll, was ihr erzahlt.«
»War es auch«, sagte Ron.»Schau dir das an, Neville…«
Er stoberte in seinem Koffer auf der Gepackablage und zog die kleine Nachbildung von Viktor Krum hervor.
»Wahnsinn«, sagte Neville neidisch, als Ron Krum einen kleinen Klaps auf den dicken Kopf gab.
»Wir haben ihn ganz aus der Nahe gesehen«, sagte Ron.»Wir waren in der Ehrenloge.«
»Zum ersten und letzten Mal in deinem Leben, Weasley.«
Draco Malfoy war in der Tur erschienen. Hinter ihm standen Crabbe und Goyle, seine fiesen bulligen Kumpels, die beide im Sommer offenbar um mehr als einen Kopf gewachsen waren. Wie es schien, hatten sie das Gesprach durch die Abteiltur, die Dean und Seamus offen gelassen hatten, belauscht.
»Ich erinnere mich nicht, dich eingeladen zu haben, Malfoy«, sagte Harry kuhl.
»Hor mal, Weasley… was ist das denn?«, sagte Malfoy und deutete auf Pigwidgeons Kafig. Ein Armel von Rons Festumhang, der daruber hing, schwang im Fahrtrhythmus des Zuges hin und her, so da? der vergammelte Spitzenbesatz gut zur Geltung kam.
Ron wollte den Umhang rasch verschwinden lassen, doch Malfoy war schneller; er packte den Armel und zog ihn an sich.
»Seht euch das an!«, rief er ganz entzuckt und hob Rons Festumhang hoch, damit Crabbe und Goyle ihn begutachten konnten.»Weasley, du hast doch nicht etwa die Absicht, den wirklich zu tragen? Immerhin – um 1890 herum war es sicher der letzte Schrei…«
»Fri? Mist, Malfoy!«, sagte Ron, und sein Gesicht hatte, als er ihn Malfoy entri?, langst die Farbe des Umhangs angenommen. Malfoy wieherte hamisch und Crabbe und Goyle glotzten blode.
»Aha… du willst dich also bewerben, Weasley? Willst den Namen deiner Familie mit ein wenig Ruhm bekleckern? Geld ist auch im Spiel, du wei?t ja… konntest dir ein paar anstandige Umhange leisten, wenn du gewinnen wurdest…«»Wovon redest du eigentlich?«, fuhr ihn Ron an.
»Machst du mit?«, wiederholte Malfoy.»Du, Potter, auf jeden Fall, schatze ich. Du la?t doch keine Gelegenheit aus, um den Angeber zu markieren, oder?«
»Entweder du erklarst, wovon du redest, oder du verschwindest, Malfoy«, sagte Hermine gereizt uber den Rand ihres Lehrbuchs der Zauberspruche hinweg.
Ein hamisches Grinsen breitete sich auf Malfoys Gesicht aus.
»Erzahl mir blo? nicht, da? du keine Ahnung hast, Weasley?«, hohnte er genu?lich.»Du hast einen Vater und einen Bruder im Ministerium und du wei?t es nicht mal? Hor mal, mein Vater hat es mir schon vor einer Ewigkeit erzahlt… hat es von Cornelius Fudge erfahren. So ist es eben, Vater hat immer mit den Topleuten im Ministerium zu tun… vielleicht ist deiner ein zu kleines Licht und darf es uberhaupt nicht wissen, Weasley… tja… wenn er in der Nahe ist, reden sie wahrscheinlich nicht uber wichtige Dinge…«
Malfoy lachte laut auf, nickte Crabbe und Goyle zu, und die drei verschwanden.
Ron erhob sich und knallte die Schiebetur des Abteils so wutend zu, da? die Scheibe zu Bruch ging.
»Ron!«, sagte Hermine vorwurfsvoll, zuckte ihren Zauberstab und murmelte»Reparo!«; die Scherben flogen zu einer Scheibe zusammen, die sich wieder in die Tur einfugte.
»Das Aas… tut so, als ob er alles wu?te und wir nicht…«, knurrte Ron. ›Vater hat immer mit den Topleuten im Ministerium zu tun.‹… Mein Dad hatte sich jederzeit befordern lassen konnen… ihm gefallt eben die Arbeit, die er jetzt macht…«
»Naturlich, das wissen wir«, sagte Hermine beschwichtigend.»La? dich doch nicht von Malfoy argern, Ron -«
»Er! Und mich argern! Schwachsinn!«, sagte Ron, packte einen der noch ubrig gebliebenen Kesselkuchen und zerdruckte ihn zu Matsch.
Rons schlechte Laune hielt die restliche Fahrt uber an. Er sprach nicht viel, als sie ihre Umhange anzogen, und blickte immer noch finster, als der Hogwarts-Express endlich bremste und schlie?lich in pechschwarzer Dunkelheit am Bahnhof von Hogsmeade Halt machte.
Kaum waren die Waggonturen aufgegangen, horten sie uber sich ein Donnergrollen. Hermine wickelte Krummbein in ihren Umhang und Ron lie? seinen Festumhang uber Pigwidgeons Kafig hangen. Mit gesenkten Kopfen, nur hin und wieder nach vorne blinzelnd, kampften sie sich durch den Wolkenbruch. Es regnete so heftig, als wurden Eimer um Eimer eiskalten Wassers uber ihren Kopfen ausgeschuttet.
»Hallo, Hagrid!«, rief Harry; am Ende des Bahnsteigs hatte er eine hunenhafte Gestalt erspaht.
»Alles klar, Harry?«, brullte Hagrid und winkte ihnen zu.»Sehn uns beim Festessen, falls wir vorher nicht absaufen!«
Wie es der Brauch war, fuhren die neuen Schuler mit Booten uber den See hinuber nach Hogwarts.
»Uuuuuh, bei diesem Wetter hatt ich keine Lust, uber den See zu fahren«, sagte Hermine und schuttelte sich ausgiebig. Inmitten der Schulerschar gelangten sie nur muhsam uber den Bahnsteig und nach drau?en vor den Bahnhof, wo bereits hundert pferdelose Kutschen auf sie warteten. Harry, Ron, Hermine und Neville stiegen erleichtert in einen der Wagen, die Tur schlug zu und wenige Augenblicke spater setzte sich die lange Kutschenprozession mit einem kraftigen Ruck in Bewegung. Ratternd und Wasser zu allen Seiten verspritzend fuhren sie den Weg zum Schlo? Hogwarts empor.
Das Trimagische Turnier
Die Kutschen rollten durch das von geflugelten Steinebern bewachte Schlo?tor und kamen jetzt gefahrlich ins Schlingern, denn aus dem Wind war ein Sturm geworden. Harry hatte den Kopf ans Fenster gelehnt und sah Hogwarts mit seinen vielen erleuchteten Fenstern, die verschwommen durch den dichten Regenschleier schimmerten, allmahlich naher kommen. Blitze jagten sich am Himmel, als ihr Wagen an der steinernen Treppe anhielt, die zu dem gro?en Eichenportal hinauffuhrte. Ihre Mitschuler, die vor ihnen angekommen waren, sturmten bereits die Stufen zum Schlo? empor; auch Harry, Ron, Hermine und Neville sprangen aus ihrer Kutsche und hasteten die Treppe hoch, und erst als sie endlich in der gewolbten, fackelbeleuchteten Eingangshalle mit ihrer beeindruckenden Marmortreppe standen, sahen sie auf.
»Oje«, sagte Ron, schuttelte den Kopf und spritzte Wasser auf die Umstehenden,»wenn das so weitergeht, lauft der See noch uber. Ich bin pitsch… – AAARRH!«
Ein gro?er, roter, mit Wasser gefullter Ballon war von der Decke herab auf Rons Kopf gefallen und geplatzt. Durchna?t und prustend stolperte Ron zur Seite und rempelte Harry an, und genau in diesem Moment fiel die zweite Bombe – sie verfehlte nur knapp Hermine, platzte vor Harrys Fu?en, und eine Welle eiskalten Wassers ergo? sich uber seine Turnschuhe und durchweichte seine Socken. Die Umstehenden flohen kreischend und sich gegenseitig schubsend aus der Schu?linie – Harry hob den Kopf und erkannte, sieben Meter uber ihnen schwebend, Peeves, den Poltergeist, einen kleinen Mann mit glockenformigem Hut und orangeroter Fliege, der sie jetzt, das breite, heimtuckische Gesicht vor Anspannung verzogen, erneut aufs Korn nahm.
»Peeves!«, rief eine zornige Stimme.»Peeves, kommen Sie runter, und zwar sofort!«
Professor McGonagall, die stellvertretende Direktorin und Leiterin des Hauses Gryffindor, kam aus der Gro?en Halle gesturmt, rutschte jedoch auf dem nassen Steinboden aus und konnte sich nur vor einem Sturz bewahren, indem sie sich an Hermines Hals festklammerte.
»Autsch – Verzeihung, Miss Granger -«
»Macht nichts, Professor!«, wurgte Hermine und rieb sich die Kehle.
»Peeves, runter jetzt, sofort!«, bellte Professor McGonagall, ruckte ihren Spitzhut zurecht und starrte durch ihre quadratischen Brillenglaser zornig zur Decke.
»Tu doch gar nichts«, gackerte Peeves und warf mit gro?em Schwung eine Wasserbombe gegen eine Gruppe von Funftkla?lerinnen, die schreiend in die Gro?e Halle wegtauchten.»Sind doch eh schon na?, oder? Die kleinen Racker! Uuuiiiiiii!«Und mit einer weiteren Bombe nahm er ein paar Zweitkla?ler aufs Korn, die gerade angekommen waren.